- Dennis Müller
Khalil Al-Halwachi
Aktualisiert: 22. Okt. 2020
Im Frühjahr des Jahres findet für gewöhnlich der Große Preis der Formel 1 in Bahrain statt. Während die Teams über ein Wochenende lang auf dem Bahrain International Circuit um den Sieg kämpfen, kämpfen 30 Kilometer weiter östlich Gefangene des Jau Gefängnisses buchstäblich um ihr Überleben1. Eingesperrt mit teilweise 17 anderen Insassen, teilen sich die Gefangenen eine Zelle, die ursprünglich für acht Menschen gefertigt wurde. Nicht nur die geringe Zellengröße, die selbst die geringste Privatsphäre wie etwa beim Beten verhindert, ist ein Problem des Zentralgefängnisses von Bahrain. Sondern auch, nach Berichten von Besucher*innen, der unzureichenden Zugang zu medizinischer Versorgung und einer Knappheit von Wasser , was wiederum zum vermehrten Ausbreiten von Krankheiten führt.
In genau diesem Gefängnis befindet sich Khalil Al-Halwachi2, ein am 4. Juli 1957 in Bahrain geborener Elektroingenieur. Seinen Abschluss machte Al-Halwachi 1980 im berühmten Imperial College in London. Nach seinem Abschluss arbeitete er vor allem als Lehrer und Professor, unter anderem in Schweden. Seit Juni 2002 arbeitete er allerdings wieder in Bahrain in unterschiedlichen Bauunternehmen, vor allem in der Managementebene. Die Familie Al-Halwachi besitzt eine Firma in Bahrain3, die sich auf das Ausliefern von Niederspannungswaren spezialisiert haben. Auch hier arbeitete Khalil Al-Halwachi. Seit seiner Verhaftung führt sein Bruder die Geschäfte allein. Politisch engagierte er sich nach seiner Rückkehr nach Bahrein als Mitgründer der Islamic Action Society, auch AMAL genannt4. Die AMAL wollte vor allem die in Bahrain vorherrschende Monarchie schwächen und ein weitaus demokratischeres Bahrain schaffen. Unter anderem beteiligten sie sich 2011 an der „Bahrainian uprising“ Bewegung5, die vergleichbar mit dem zeitgleich stattfindenden arabischen Frühling war. Aus diesem Grund wurde die Partei noch im selben Jahr aufgelöst und die führenden Köpfe eingesperrt. Khalil Al-Halwachi entging dabei einer Inhaftierung.
Das sollte sich am 3. September 2014 ändern. Al-Halwachi, der bis dahin in der bahrainischen Hauptstadt Manama lebte, ahnte an diesem Tag nicht, dass die Polizei sein Haus stürmen und ihn unter Arrest nehmen würde. Seine Tochter berichtete uns, dass bewaffnete Polizist*innen das Haus nach 1 Uhr nachts stürmten und ihren noch schlafenden Vater in Gewahrsam nahmen. Ihm wurde der illegale Besitz einer AK-47 vorgeworfen, die die Polizist*innen auf dem Küchentisch gefunden haben wollten. Khalil Al-Halwachi und seine Tochter Fatima streiten ab, dass sich je eine Waffe im Haus befunden hat. Fatima erzählte uns, dass es eine beliebte Strategie der bahrainischen Führung sei, unliebsame politischen Aktivist*innen und Oppositionellen unter dem Vorwand illegalen Waffenbesitzes festzunehmen. Die zu Unrecht Inhaftierten werden in der Öffentlichkeit als Terrorist*innen dargestellt, um sie zu diskreditieren.
Seit dem 03. September 2014 saß Khalil Al-Halwachi zweieinhalb Jahre in Untersuchungshaft, bevor ihm der Prozess gemacht wurde. Er berichtet seiner Tochter aus dieser Zeit, dass ihm im Verhörraum die Augen verbunden wurden, bevor er gezwungen wurde Erklärungen zu unterschreiben. Aus Protest gegen das Vorgehen, ging er nicht zu der Verhandlung, weswegen ihm neben illegalem Waffenbesitz, auch noch Amtsbeleidigung dem Richter gegenüber zu Last gelegt wurde. Das Strafmaß: 10 Jahre im Zentralgefängnis Jau.
Die eingelegte Berufung blieb ergebnislos, weil Khalil nie vor den Berufungsrichter gelassen wurde. Mehrere Male (10 laut der Tochter Fatima) führte man ihn vor das Gerichtsgebäude, allerdings wurde er nicht einmal aus den Wagen gelassen.
Khalil Al-Halwachi sitzt seit seiner Verurteilung am 23. März 2017 in Jau, teilweise sogar in Isolationshaft. Sollte die bahrainische Führung durch den Druck der internationalen Öffentlichkeit nicht dazu bewegt werden, die haltlosen Vorwürfe fallen zu lassen, wird er auch noch ca. 4 weitere Jahre zu Unrecht absitzen. Laut seiner Tochter leidet er unter zahlreichen gesundheitlichen Problemen, unter anderem an den Folgen eines Schlaganfalles und eines Leistenbruchs. Ihm wird jeder Zugang zu medizinischer Versorgung verwehrt. Seit dem Ausbruch der COVID-19 Pandemie ist den Angehörigen das Besuchen der Insassen in Jau untersagt. Fatima hat ihren Vater seit März nicht mehr gesehen, zuletzt in einem 5 minutigen Video Anruf.
In vorangegangenen Besuchen berichtete ihr Vater ihr von Verhören, in denen es nicht um den angeblichen Waffenbesitz ging. Die Beamt*innen befragten Khalil lediglich zu seiner Beteiligung in der Islamic Action Society. Das unterstützt den Vorwurf der Al-Halwachi’s, Khalil sei aus politischen Gründen inhaftiert worden und, dass die AK-47 in der Küche von jemanden platziert wurde.
Seine Tochter setzt sich engagiert für die Freilassung ihres Vaters ein. Seit sie vor den Mauern des Jau Gefängnisses dafür demonstrierte, wurde ihr die Ausreise aus Bahrain untersagt. Somit hinderte man sie auch daran, vor der UN über den Fall ihres Vaters zu berichten. Außerdem erzählte sie uns, dass ihr Haus überwacht wird und sie schon mehrere Male festgenommen wurde. Das alles kann sie aber nicht davon abhalten, weiter für die Freilassung ihres Vaters zu kämpfen.
Free Minds Advocacy hat am 25.05.2020 mit Fatima Al-Halwachi telefoniert. Sie erzählte uns von dem Abend der Inhaftierung, den Haftbedingungen ihres Vaters und den Folgen, mit denen auch sie seitdem leben muss.