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  • Elisabeth Okunrobo

Die Beziehung von Schwarzem Feminismus zu weißem Feminismus

Aktualisiert: 22. Okt. 2020

Schlagwörter, wie „White Feminism“ und „Critical Whiteness“ hört man seit wenigen Jahren immer öfter. Diese Begriffe sind zurecht so „kritisch“, denn sie beziehen sich auf weiße Feministinnen und ihren oft nicht inklusiven Feminismus.

Diese Begriffe ignorieren nämlich tatsächlich die Unterdrückungsmechanismen des Patriarchats. Frauen waren nämlich nicht nur weiß, sondern auch schwarz.  Wie ist also die Beziehung vom Schwarzen Feminismus zu weißem Feminismus?  Viele Menschen würden jetzt vielleicht anbringen, dass man gar nicht von zwei verschiedenen Feminismen sprechen kann, denn Feminismus hat doch nur ein Ziel und zwar die Befreiung der Frau von patriarchischen Normen. Andere würden sagen, es seien alle gleich und sie sehen keine Farbe, sogenannte Farbenblindheit, was jedoch mehr als kontraproduktiv und problematisch ist. 

Denn wenn man keine Hautfarben sieht, ignoriert man eben auch die Probleme und Lebensrealitäten, wie Rassismus in Form von Alltagsrassismus, „positiven Rassismus“, negativen Rassismus und Diskriminierung, denen marginalisierte Menschen tagtäglich ausgesetzt sind. Jede dieser Formen von Rassismus basieren auf einem systematisch rassistischen System und haben schwerwiegende Konsequenzen auf die einzelnen Individuen, ihr Leben, Verhalten, ihre Chancen, wie sie sich selbst sehen und auf ihre Familien, Freunde und Communities. 

Grundsätzlich ist jede Form von Rassismus negativ. Beim Alltagsrassismus geht es darum, dass Rassismus Betroffene (nicht weiße Personen) tagtäglich durchs Leben begleitet. Dazu können unangebrachte Fragen gehören, wie: „Woher kommen Sie wirklich/ursprünglich?“ oder Kommentare, wie: „Sie sehen aber exotisch aus.“ oder aber auch die Verwendung des N-Wortes, welches ganz klar rassistisch ist.  Positiver Rassismus, von dem noch immer sehr wenige wissen, beschreibt eine bewusste oder unbewusste Bevorzugung von Minderheitsgruppe. Positiv bezieht sich hier jedoch lediglich auf die Bevorzugung, denn Betroffene werden nicht als Individuen betrachtet, sondern als Repräsentanten*innen einer bestimmten Kategorie.  Betroffene müssen die Ideologie der dominanten Gruppe vertreten. Unternehmen, Serien, Filme und ähnliches versuchen „divers“ zu wirken, sind es aber oft einfach nicht, und wenn dann, nur in den untersten Ebenen. Rassismus zeigt sich in verschiedensten Formen und die Dimension ist immens groß, gerade der systematische Rassismus, in dem es darum geht, dass rassistische Strukturen im System verankert sind, z.B. dem Erziehungssystem, dem Gesundheitssystem oder dem Justizsystem. Hierbei geht es z.B. um Haltungen von Beamten, Entscheidungsträger*innen, Lehrer*innen, Arbeitgeber*innen etc., welche die Leben Betroffener maßgeblich mitbestimmen und beeinflussen. Der NSU Prozess ist hierbei nur eins von vielen Beispielen.  Neben Schwarzem und weißem Feminismus kann man  z.B. auch vom muslimischen Feminismus und indigenen Feminismus sprechen.  Im Folgenden soll es aber um die Beziehung von Schwarzem Feminismus zu weißen Feminismus gehen.

Zuerst einmal sollte klar gestellt werden, dass Feminismus generell erst dann wirklich echter Feminismus sein kann, wenn er intersektional ist, also verschiedene Unterdrückmechanismen anders betrachtet werden und eine Rolle spielen. Die Bereiche in denen Frauen unterdrückt werden sind nicht überall auf der Welt gleich, weswegen es auch unterschiedliche feministische Bewegungen geben muss.  Weißer Feminismus reproduziert schon von Anfang an Strukturen von White Supremacy und des Patriarchats. Diese Forderungen bringen den einzelnen Individuen etwas, aber nicht der Gesamtheit der Frauen.  Der Begriff des weißen Feminismus spiegelt das Versagen innerhalb der feministischen Bewegung wieder. Das Versagen von Frauen, die privilegierter sind, ihren marginalisierten Mitstreiterinnen nicht zuzuhören, sich über sie hinwegzusetzen und ihren Kampf nach ihren eigenen Themen auszurichten. Sei es die viel größere Medienpräsenz von weißen Frauen (die Frauenpräsenz ist generell viel zu gering) oder die noch größere Lohnlücke für Women of Colour, die verdeutlichen wie stark der Unterschied und somit die Ungleichheit noch immer ist.  Auch die deutlich höhere Wahrscheinlichkeit von Polizeigewalt, der Schwarze Frauen ausgesetzt sind, unterstreicht und bestätigt diese Kritik. Schwarze Frauen hatten aufgrund dessen, dass sie von Anfang an in einer anderen Ausgangssituation lebten, schon immer diese Strukturen im Blick, da sie einfach nicht zur Norm gehörten.  Schwarzer Feminismus verlangte, dass neben „Race“ auch das Geschlecht, die Klasse, Fähigkeiten, Behinderungen, geopolitische Bestimmungen und aber auch die sexuelle Orientierung wichtig sind.  Zwei Frauen, oder Frauen generell, sind nämlich nie wirklich gleich, denn  sie können verschiedene Positionen innehaben und komplett verschieden privilegiert sein. Klar wird eine weiße Frau aufgrund ihrer Hautfarbe immer privilegierter sein, weil sie zur Norm gehört, aber sowohl unter weißen Frauen als auch Schwarzen Frauen kommen  unterschiedliche Stufen von privilegiert sein vor. 

Etwas, was im weißen Feminismus oft passiert, ist die Tatsache des Aneignens von Konzepten aus dem Schwarzen Feminismus, wobei oft eigentlich versucht wird, antirassistisch zu sein.  Diese Aneignung und somit oft auch das Herausreißen aus dem Kontext sorgen dafür, dass die Anliegen schwarzer Frauen und somit auch sie selbst unsichtbar gemacht werden. Weiße Frauen sprechen dann nicht nur für sie, sondern sie sind dann auch nicht mehr Teil des Diskurses.  Unsere gesamte Gesellschaft und Kultur sind durch Rassismus geprägt und ein Großteil des Reichtums unseres Landes stammt aus der Versklavung und Kolonialisierung anderer, gerade schwarzer Menschen.

Viele Menschen glauben, sie würden die Welt auf eine neutrale Art und Weise betrachten und bewerten und oft ist ihnen gar nicht bewusst, wie sehr Kolonialismus und Versklavung dieses Bild beeinflussten und noch immer ausmachen. Alleine der Umstand, dass Afrika auf der Weltkarte viel kleiner dargestellt wird als es ist, hat damit zu tun, wer die Weltkarte und somit auch die Grenzen geschaffen hat. Koloniale und rassistische Kontinuitäten sind nahezu noch überall verankert und werden immer wieder reproduziert.

Schwarze Frauen und Women of Colour, die diese mehr als berechtigte Kritik äußern, lehren uns alle, gerade jenen, die nicht von Rassismus betroffen sind, dass wir uns von bestimmten gegebenen Strukturen und Verhaltensweisen lösen müssen, die gerade weiße Personen in einem rassistischen System belohnen. 

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